Harald Petersen
R. Brockhaus Verlag, 2005
Harald Petersen greift ein gerade in „frommen“ Kreisen unbeliebtes und oft nicht wahrgenommenes Thema auf und erläutert es in seinen Wurzeln, Formen und Auswüchsen erläutert: „Mancher stillt seinen Machthunger in der Gemeinde, weil er außerhalb dieses Umfeldes nicht viel zu sagen hat“. Der Autor, erfahrener ERF-Seelsorger, nähert sich dem Ungetüm Macht zunächst theoretisch, zeigt sowohl positive Aspekte von Macht als auch negative Auswirkungen von Machtmissbrauch. Er geht dabei auf Machtmittel („Heiligt der Zweck die Mittel?“) im Leben allgemein und innerhalb von Gemeindestrukturen ein, wo „fromme Menschen ihr Machtgebaren oftmals unter dem Deckmantel des Dienens und falscher Demut“ verstecken können. Wie Macht durch Lehre und durch Gebet in einer „Diktatur der Frommen“ ausgeübt werden kann, wird genauso beleuchtet wie der Einfluss von Traditionen, Familienbanden, Generationenkonflikten und der unmittelbare Kampf der Geschlechter.
Im Kapitel Druck erzeugt Gegendruck beschreibt Petersen unterschiedliche Artien, mit Macht und Unterdrückung umzugehen: Unser Leben steht in einer Wechselwirkung zwischen den drei Polen Umfeld, Identität und Reaktion auf das, was wir erleben. Manche entwickeln Angstgefühle, andere körperliche Symptome, die einen reagieren mit Übertragung, wieder andere unterwerfen sich und nennen dies ‚Demut’.
Die Kapitel sind kurz gehalten, trotzdem gelingt es nicht, das Buch zügig durchzulesen. Es ist eine enorm fleißige Sammlung von Fakten, Zitaten, interessanten Gedanken. An manchen Stellen hätte ich mir eine ausführlichere Darstellung gewünscht. Hilfreich sind praktische Beispiele und Fragen, die fast jedes der angesprochenen Themen alltagsrelevant machen. Kerngedanken des Textes sind optisch hervorgehoben und helfen, den Inhalt zusammenfassen und nachwirken zu lassen. Das Buch richtet sich an engagierte Gemeindeglieder und an „Hauptamtliche“. Es will helfen, der Versuchung zum Machtmissbrauch zu begegnen und manipulatives Verhalten zu entlarven. Am besten gefiel mir das Kapitel Nun tu doch was...! Dieses in Hauskreisen durchzuarbeiten und im Miteinander zu entfalten, wäre ein heilsamer Weg für alle.
Dr. Anja Martschewski, Greifswald
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