Uwe Schulz: Was wären wir ohne Dietrich Bonhoeffer?

Bonhoeffer 2.0: Was er uns heute zu sagen hat. (Interviews und Gespräche).

Brunnen Basel 2013, 160. S. 13,99 €

Ein ganzes Menschenalter nach seinem Tod sind die Predigten, Briefe und theologischen Abhandlungen von Dietrich Bonhoeffer noch Bestseller. Kaum eine Fraktion im ­weiten protestantischen Spektrum, die sich nicht gern auf ihn als Gewährsmann bezöge: Pazifisten und Dissidenten aber auch dia­konisch und humanistisch engagierte Christen, systematische Theologen und praxisnahe Ethiker, kommunitär Verbandelte und bekennende Individualisten, Historiker wie Mystiker würdigen ihn als ihren Inspirator. Spätestens mit der flott geschriebenen Biografie von Eric Metaxas hat ihn auch die fromme evangelikale Welt adoptiert, die mit den intellektuellen Höhenflügen des Jung­genies und den politisch zugespitzten Positionen des Widerständlers bislang nur wenig anzufangen wusste.

2015 jährt sich seine Hinrichtung zum siebzigsten Mal – ein guter Anlass für eine Bestandsaufnahme. Bonhoeffer 2.0: Was er uns heute zu sagen hat. In einer abwechslungsreichen Sammlung von Interviews und ­Gesprächen gibt Uwe Schulz, Jahrgang 1966, interessante Einblicke in das Nachleben dieses reichhaltigen Lebenswerks.
Historisch von Belang sein ausführliches ­Interview mit dem Ehepaar Eberhard und Renate Bethge, in dem der Blick nicht nur in Bonhoeffers Nachlass eröffnet wird, sondern auch in das von ihm stark geprägte Denken und Leben eines treuen Freundes und ­verlässlichen Zeitzeugen. Mit klugen und verbindlichen Fragen spürt Schulz dem Widerhall von Bonhoeffers ­Person, Schicksal und Gedankenwelt in Theologie, Wissenschaft und Kunst nach. Dabei wird deutlich: Die Relevanz des Vermächtnisses besteht gerade darin, dass ­Person, Schicksal und Gedankenwelt ein so authentisches wie außergewöhnliches Ganzes bilden. So ergeben die Interviews mit der Bibliothekarin Jutta Weber, die den Nachlass bearbeitet, mit dem Musiker Siegried Fietz, der sich musikalisch mit dem lyrischen Werk Bonhoeffers auseinandersetzt, mit dem Dissidentenpfarrer Rainer Eppelmann und den westdeutschen Theologen Peter Zimmerling und Wolf Krötke ein buntes wie stimmiges Kaleidoskop von Eindrücken, in denen „unser“ Bonhoeffer immer neu und doch wiedererkennbar Gestalt gewinnt.

Die erlebnishaft gestrickten Gespräche ­lassen einen die Leserrolle nahezu vergessen und regen zum Mitdenken, zur Zustimmung oder zur Erwiderung an. Nach der Lektüre – das Buch ist zügig durchgelesen – bleibt als Eindruck, man habe an einer ­spannenden Unterhaltung teilgenommen, an einem herausfordernden Gespräch über einen herausfordernden Mann des ­Glaubens, den man nun noch mehr schätzen und sich zum Vorbild nehmen möchte.

Írisz Sipos

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  • Írisz Sipos

    ist stellvertretende Chefredakteurin des Salzkorns und mitverantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der OJC-Kommunität.

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