Wir sind eine feiernde Gemeinschaft. Dass eine Festkultur nicht mehr selbstverständlich vorgegeben war, sondern hier Neuland erobert werden musste, war schon vor 30 Jahren spürbar. Mit Ausnahme des Heiligen Abends gibt es in unserer Kultur praktisch kein Fest des Kirchenjahrzyklus mehr, bei dem das Feiern in der Familie eine größere Rolle spielt. „Wie kann eine zunehmend geschichtsloser werdende Generation von jungen Menschen, die kaum noch Familienleben kennt, Anschluß finden an die Traditionen jüdisch-christlichen Feierns?“ war die Frage. Das lebendige Feiern - gerade auch in der Familie - stellt für Juden das Entscheidende ihres Glaubens dar. Ihr Kalender ist reich an Festen. Nicht nur die Feier unseres Ostermahls, jede Abendmahlsfeier hat ihre Wurzeln im jüdischen Pessachfest und Sedermahl. Wir Christen können und sollten davon lernen. So wurde durch das bewußte Achten und Gestalten des Kirchenjahres in der OJC mit den Jahren eine eigene Feierkultur entwickelt. Einige Elemente seien hier vorgestellt.
Wann immer sich die Möglichkeit bietet, nutzt die Großfamilie das Abendessen am Samstag, um den Sonntag mit einer Feier zu begrüßen. Eine kleine Liturgie gibt Raum für Lieder, Gebete und Segen. Das Entzünden der Kerzen, Wein und Hefezopf sind weitere unverzichtbare Bestandteile. Das einfache, aber gemeinsame festliche Essen trägt zur besonderen Atmosphäre bei. Mit der Sonntagsbegrüßung beginnt die aus der Arbeitswoche bewusst herausgehobene Zeit. Das Gebot der Sonntagsheiligung erscheint dabei wie eine ärztliche Verordnung: Man darf mit bestem Gewissen nichts tun; es ist ein von Gott verordneter Pausentag im Alltagsablauf. Da sich unsere Gesellschaft des Sonntags bemächtigt und ihn auf dem Altar des Kommerzes geopfert hat (Tankstellen werben ungeniert „Geöffnet 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche!“), erscheint es besonders nötig, hier ein Kontrastprogramm zu leben: Zeit zu haben und innezuhalten für „funktionsfreies“ Zusammensein mit dem göttlichen Gegenüber oder mit der Familie; Zeit für einen „Sabbatweg“ in der Schöpfung, für Kulturelles, das froh stimmt, für Gastfreundschaft oder Besuche. Hier können Sie die Liturgie unserer Sonntagsbegrüßung lesen und herunterladen.
Klaus Sperr hat die Feier der Sonntagsbegrüßung ausführlich beschrieben »
Zum Höhepunkt des Feier-Jahres zählt das Nachempfinden des jüdischen Sederabends aus der Pessachtradition, der Wurzelboden des christlichen Glaubens ist. Am Gründonnerstagabend versammelt sich die ganze Gemeinschaft an festlich gedeckten Tafeln und wird vom „Hausvater“ und seinem Team durch den Abend geführt. Das Erzählen vom Auszug des Volkes Israel aus der Knechtschaft Ägyptens, das Singen bestimmter Psalmen, die Segensgebete, alte und moderne Musikstücke sowie Symbolspeisen und schließlich der Verzehr von Lammfleisch-Bergen mit Matzen und Wein gehören dazu. Der vier- bis fünfstündige Abend wird mit der Feier des Heiligen Abendmahls beschlossen. Das Besondere dieses Festes ist nicht nur, dass es nach einer festen Ordnung (hebr. Seder) verläuft. Die Speisen, Gerüche, Lieder, Tänze geben ihm einen Charakter, dass man schmecken, sehen und mit allen Sinnen wahrnehmen kann, wie freundlich der Herr gewesen und noch heute ist. Kinder und Erwachsene erleben hier „Volksfest“ und „geistliches Feiern“ als etwas Zusammengehörendes. Bereits die Karwoche verändert den Tagesrhythmus und die Gewohnheiten innerhalb der Gemeinschaft. Die sonst geschmückten Räume bleiben kahl, das Essen ist einfach, manche entscheiden sich, ganz zu fasten. Auch das Schweigen bei den Mahlzeiten wird immer wieder einmal erprobt als Form des Fastens ebenso wie der freiwillige Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten oder Fernsehkonsum. Nach dem still begangenen Karfreitag wird seit vielen Jahren mit der Kirchengemeinde die Osterliturgie gefeiert. Morgens um 6 Uhr versammelt sich die Gemeinde im Dunkeln des Kirchenraumes und erlebt den aus Todesnacht und Grabesstille heraufziehenden Ostermorgen. Osterchoräle wechseln ab mit Taizéliedern bis zum Höhepunkt, dem gegenseitigen Zuruf: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ und dem Entzünden der Osterkerzen. Danach feiert die Gemeinschaft ein üppiges Osterfrühstück mit ausführlichem Singen bekannter und auch neuer Osterlieder aus unterschiedlichsten Traditionen und Ländern.
Das Abendmahl jeden Freitag morgen gehört natürlich auch in den wöchentlichen Feier-Zyklus. Auch jeder Geburtstag, Abschied oder so mancher Tagungsabschluss sind willkommene Gelegenheiten zu feiern und kreativ zu werden. An die hundert Mitglieder gehören zur Gemeinschaft, eine Fülle von Möglichkeiten, Begabungen zu entfalten und zum Einsatz zu bringen oder zu entdecken. Auch wenn da mitunter eine Überdosis an Festen zusammenkommen kann, ist der Reichtum bestechend: Der eine hat Spaß am Räume dekorieren, ein anderer spielt ein Musikstück, singt oder übt im Chor eine passende Weise ein; ein Sketch wird geschrieben oder eine Pantomime einstudiert, ein Clown tritt auf oder ein Kuchenkunstwerk wird gezaubert. Ein Volkstanzabend im Innenhof des Europäischen Jugendzentrums oder im historischen Schlosshof gehört zu den besonderen Attraktionen. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Jeder hat etwas beizutragen. Wichtig ist, dass sich in den Beiträgen die Zuneigung und Achtung für den Gefeierten ausdrückt und auch die anderen Spaß und Freude haben. Das Einhalten guter Lebensordnungen wieder zu lernen und eine Gegenkultur zur dominierenden „Machermentalität“ zu pflegen, wirkt heilsam auf Leib und Seele. Leben und Zeit verdankt keiner sich selber. Keiner kann letztlich vom Ertrag seines Schaffens und seiner Leistung leben. Es braucht Inseln, die uns offenhalten für Lebenssinn und Freiheitsdurst. Es braucht „Menschen, die nicht unaufhörlich ihre Ansprüche leben, die verzichten und sich in Gott ehrende, dem Nächsten nützende Betätigung einüben. Sie stellen eine Wohltat für ihre Umgebung dar. Von ihnen geht etwas aus, was wir Freiheit zum Feiern nennen. Befreit von den Verstrickungen in die nicht enden wollende Selbstbesorgung, ruhen sie in Gott und begehen seinen Tag. Man kann sie von den anderen kaum unterscheiden. Manchmal aber merkt man, dass sie ihre Wurzeln im Wort Gottes haben.“ (M. Seitz)
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