Teenagerträume und Elternerwachen.
Ein Generationenprojekt
Gespräch mit Mutter und Tochter
Eva Mertens: 13+ ist ein Projekt für Teenager und ihre Eltern. Es soll dem Kind, dessen Leben in diesem spannenden Übergang zum Erwachsenwerden ja gewaltig expandiert, helfen zu entdecken: Was kann ich eigentlich schon? Was habe ich schon alles in meinem Gepäck, um das Leben zu bewältigen? Dabei soll es nicht wie in der Schule hauptsächlich um Wissen gehen, sondern um allgemeine Lebenstüchtigkeit. Fünf Aufgaben gehören dazu: Ein Essen für fünf Leute zubereiten, ein sportliches Ziel erreichen, ein gemeinsames Wochenende planen, ein Buch, z.B. eine Biographie, lesen und zusammenfassen und als letztes aufschreiben: Welche Werte sind mir wichtig? Wie möchte ich leben, z.B. in Bezug auf Freundschaften.
Für Nicole war die Belohnung das eigene Handy, das sie sich schon so lange gewünscht hatte. Ursprünglich hatten wir festgelegt, dass sie erst zur Konfirmation ein Handy bekommen sollte. Ich hatte für das Projekt 13+ eine Überzeugung und habe mir dann überlegt, dass ein Handy ein Ziel ist, für das Nicole bereit wäre, etwas zu investieren.
Ich war entsetzt! Ich wollte ein Handy haben und ich wollte es eigentlich einfach so haben. Wir hatten große Diskussionen, warum das jetzt sein muss. Aber die Eltern waren ganz klar: ohne das kriegst du kein Handy. Und da habe ich mir gesagt: Okay, dann muss ich da wohl durch. So nach und nach wurde es dann doch ganz schön. Ich fand diese Aufgaben jetzt nicht so lebenswichtig und ohne die Belohnung hätte ich bestimmt nicht damit angefangen.
Die Fahrradtour, die wir gemacht haben, war voll cool. Ich habe alles allein organisiert: wo wollen wir hinfahren, wo übernachten wir, wieviel kostet das? Dazu musste ich im Internet nach Zimmern suchen und da anrufen. Wir hatten insgesamt 65 Euro zur Verfügung, das hat auch gereicht. Wir waren ein Wochenende unterwegs, nur Mama und ich. Wir haben viel erlebt und es war echt lustig.
Eva Mertens: Und ich habe dir dann zu Weihnachten ein Fotobuch von der Radtour gemacht. Das ist eine schöne Erinnerung.
Huhn Provençal. Die Oma hat mir dabei geholfen. Wir haben ein richtiges Festessen daraus gemacht mit Oma und Opa.
Mir ist das Basiswissen wichtig, das einem hilft, dann auch mit den darauf aufbauenden technischen Möglichkeiten gut umzugehen. Handy, Computer, Internet - das sind ja so großartige Möglichkeiten, da scheint alles so leicht zu gehen. Ich kann z.B. 1000 verschiedene Rezepte im Internet herauslassen, aber wenn ich die Basics des Kochens nicht kenne und noch nie ein ganz normales Essen auf den Tisch gebracht habe, nützen mir die vielen Möglichkeiten nichts. Außerdem finde ich es wichtig für das Selbstbewusstsein, ein Gespür dafür zu haben, was ich kann und was ich nicht kann.
Ich weiß nicht. Aber ich habe jetzt das silberne und goldene Schwimmabzeichen, das ist ein tolles Gefühl. Dabei hatte mich das mit dem Schwimmen ziemlich genervt. Dazu hatte ich eigentlich gar keine Lust, aber ich bin trotzdem jeden Tag ins Schwimmbad gegangen und habe dann sogar das Schwimmab¬zeichen gemacht.
Es wurde nicht kontrolliert. Aber bevor es losging, hat Mama auf einen Vertrag bestanden mit meiner Unterschrift, da stand alles genau drin. Beim Buch musste mich auch niemand kontrollieren, das war echt spannend. Ich habe die Biographie von Sabine Ball "Mehr als Millionen" gelesen; das fand ich cool mit all den Promis und den Millionären und was die erlebt hat. An einem Tag habe ich mich dann hingesetzt und es zusammengefasst. Das hatte ich vorher noch nie gemacht, aber es war gar nicht schwer.
Eva Mertens: Du hast es wunderschön ausgedruckt, bestimmt 10 Seiten, und hast ein schönes Cover dazu gestaltet und es gebunden. Wir waren wirklich baß erstaunt, wie toll du schreiben kannst! Es war spannend zu lesen und wir waren richtig stolz auf dich.
Ich glaub, mir hätte es Spaß gemacht, Spanisch zu lernen. Wenigstens damit anzufangen.
Ja, aber ich habe das nicht an die große Glocke gehängt. Meine Freundinnen hat nur interessiert, dass ich endlich ein Handy kriege, damit sie mich erreichen können.
Zwei bis drei Monate, das Projekt lief hauptsächlich über die Sommerferien.
Eva Mertens: Ein paar Mal gab es Diskussionen: Kann ich das Handy nicht jetzt schon haben? Aber es war doch gut, dass es der krönende Abschluss blieb, sonst wäre es wohl schwer geworden, das Projekt zu Ende zu bringen.
Ich fand's toll! Ich habe mich riesig gefreut.
Nee, gar nicht. Am Anfang hatte ich es natürlich immer dabei. Inzwischen ist es eigentlich gar nicht mehr so wichtig. Meistens habe ich entweder mein Handy oder mein Aufladekabel verlegt. Aber das macht mir schon gar nichts mehr aus. Dann beantworte ich die SMS eben nicht, da mache ich mir nicht mehr Stress wie am Anfang. Ich habe gemerkt, ich komm ganz gut ohne aus.
Ich selbst. Ich habe so einen Vertrag, bei dem auf meine Anfrage hin jeweils 10 Euro von meinem Konto abgebucht werden, die ich dann abtelefonieren kann. Ich habe das Handy jetzt ein Jahr und höchstens drei bis vier Mal etwas draufgebucht. Am Anfang habe ich noch mehr SMS geschrieben.
Eva Mertens: Kurz bevor Nicole ihr eigenes Handy bekam, waren wir im Urlaub, wo sie ständig mit unserem Handy SMS an ihre Freundinnen schrieb. Als wir dann die Rechnung kriegten, war sie ziemlich erschrocken, über 60 Euro! Das war eine Radikalkur.
Ja, es hat mir eigentlich schon was gebracht - außer dem Handy, meine ich. Das Buch hätte ich wahrscheinlich nicht einfach so gelesen, das sah nicht nach einem Teenagerbuch aus, und ich kann jetzt etwas kochen.
Eva Mertens: Ich finde, du hast seither auch gelernt, dir Ziele zu stecken. Das Projekt war ja im Grund genommen nichts anderes, als zu sagen: ich habe ein Ziel, dafür investiere ich mich.
Damit hast du jetzt in der Schule auch schon gute Erfahrungen gemacht, dir selbst klare, überschaubare Ziele zu stecken und die auch zu erreichen.
Ja, die Nächste ist schon ganz scharf drauf. Da werden die Aufgaben bestimmt ein bißchen anders sein, aber das mit der Biographie wäre mir auch bei ihr wichtig und das Kochen. Darauf würde ich auch bei einem Sohn bestehen. Und es ist wichtig, dafür ein gutes Zeitfenster zu finden. Bei Nicole ist uns das gelungen - ein Jahr früher hätte sie sich total dagegen gesträubt und es sich nicht zugetraut. Jetzt, über die Sommerferien und ohne den Druck von der Schule, ging es ganz gut.
Papa sagt, wenn ich einen Laptop haben will, muss ich mit zehn Fingern schreiben können, mindestens 120 Anschläge pro Minute. Bisher hatte ich noch keine Lust dazu, aber vielleicht fang ich das mal an.
Das Interview führte Rebekka Havemann.
Jede Ausgabe dieser Zeitschrift können Sie kostenfrei bestellen. Bitte mailen Sie an versand@ojc.de oder rufen Sie an: 06164-9308-320.
Auch künftige Ausgaben vom Salzkorn (erscheint vier Mal im Jahr) senden wir Ihnen gerne zu. Sie können unsere Zeitschriften gerne kostenfrei hier abonnieren.
Helfen Sie uns mit Ihrer Spende, christliche Werte und eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit Strömungen der Zeit auf der Grundlage des Evangeliums an nachfolgende Generationen zu vermitteln.