zusammengestellt von Rebekka Havemann und Hermann Klenk
Es geht darum, im Licht der Gegenwart Gottes etwas von sich zu zeigen und den Geschwistern sowohl an den Freuden als auch an Schwerem Anteil zu geben. Dabei wachsen Vertrauen und Offenheit untereinander, aber auch die eigene Sprachfähigkeit: Ich lerne, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen und auszusprechen. Außerdem ist der Austausch eine gute Möglichkeit, zuhören zu lernen.
Ich kann von dem berichten, was der Heilige Geist mich hat erkennen lassen - über mich, meine Reaktionen und Verhaltensweisen: was mich freut, mit welchen Schwierigkeiten ich kämpfe, welche Fragen offen sind. Oder welche Einsichten ich beim betenden Nachdenken über das Wort Gottes gewonnen habe.
Ich kann aber auch davon reden, wo sich Konflikte und Probleme geklärt haben und wofür ich dankbar bin. Wichtig ist, dass ich bei mir bleibe und von mir rede, niemals über andere.
Jedes Reden über andere. Auch unbereinigte Schuld und Sünde gehört nicht in den Austausch, sondern in ein seelsorgerliches Gespräch oder in die Beichte. Bei akuten und ungelösten Konflikten kann ich sagen: "Ich habe gerade mit jemandem Zoff, das macht mir sehr zu schaffen" oder "gestern sind Sätze gefallen, die mich sehr verletzt haben", dabei nenne ich aber weder Namen noch interne Sachverhalte.
Wenn im Austausch jemand sein Versagen beim Namen nennt, gilt es darauf zu achten, bei aller Ehrlichkeit keusch zu bleiben und auf ¬keinen Fall in einen frommen Wettstreit über die schlimmsten Sünden zu treten.
Um im abgemachten Zeitrahmen zu bleiben, braucht es Disziplin. Nicht alles, sondern das Wesentliche soll zur Sprache kommen. Es erleichtert das Anfangen, wenn man der Reihe nach austauscht; wer nichts sagen möchte, gibt weiter.
Um zu spüren, was zu intim ist, um erzählt zu werden, oder was möglicherweise in eine Therapie gehört, braucht es die Gabe der Unterscheidung. Es geht nicht darum, mich vor anderen zu entblößen. Ich muss die Verantwortung übernehmen, für das, was ich sage oder nicht sage. Das Gespür dafür wächst mit der Zeit.
Ja, solange die Freiwilligkeit und der Vertrauensraum gesichert sind.
Ja, denn im Austausch begegnen wir einander als Geschwister auf Augenhöhe. Wir geben einander Anteil an dem, was uns beschäftigt auf der Grundlage unserer gemeinsamen Berufung und dem Wissen, dass wir vor Gott alle gleich sind. Äußert jedoch jemand Bedenken, in Gegenwart eines Vorgesetzten auszutauschen, sollte das ernstgenommen werden.Wie sollte die Austauschgruppe beschaffen sein? Es sollte eine feste Gruppe sein, die sich regelmäßig trifft - mit mindestens zwei, höchstens acht Personen; mehr Teilnehmer sprengen die Aufnahmekapazität und den Zeitrahmen. Es ist nicht notwendig, dass die Teilnehmer miteinander befreundet sind, doch sie müssen einander vertrauen können.Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Austausch intensiver ist, wenn Männer und Frauen sich getrennt treffen.
Wir zünden zu Beginn eine Kerze an und beginnen mit einem Gebet, wie Jesus, du bist das Licht der Welt, erfülle diesen Raum und unser Reden und Hören. Das hilft, uns auf die Mitte, auf Christus hin, auszurichten. Nachdem wir ein Lied gesungen haben, sagt jeder der Reihe nach, was er sagen möchte. Am Ende gibt einer oder geben alle das Gehörte in einem festen oder freien Gebet an Gott zurück.
Alles, was gesagt wird, bleibt unkommentiert. Weder verteilen wir gute Ratschläge noch nehmen wir danach Bezug auf das Gesagte. Auf keinen Fall reden wir außerhalb des Austausches mit Dritten darüber.
Die Erfahrung zeigt: Auch wenn es schwerfällt, die Spannung auszuhalten, sollten wir nicht gleich trösten oder in irgendeiner Weise in Aktion treten. Der sich Mitteilende ist mit seinem Schmerz zunächst vor Gott - wir anderen sind in diesem Augenblick "nur" Zeugen und halten den Schmerz mit ihm aus. Wir können aber still für denjenigen beten und anbieten, auch laut für ihn zu beten, wenn er das möchte. Auch das darf nicht eigenmächtig geschehen, das wäre übergriffig.
In der Seelsorge gibt es immer ein Gefälle in der Zuordnung zueinander. Austausch findet auf Augenhöhe statt.
Nein, das ist nicht nötig. Aber die Gruppe sollte sich über Fragen, die den Ablauf und eventuelle neue Teilnehmer betreffen, einigen.
Die Gefahr der Manipulation besteht, etwa wenn Inhalte des Gesagten auf anderer Ebene wieder auftauchen und gegen denjenigen, der sie ausgesprochen hat, verwendet werden. Dann natürlich, wenn indirekte Botschaften im Austausch weitergegeben werden und auf jemanden nonverbal Druck ausgeübt wird, etwas Bestimmtes zu sagen, z.B. "sich endlich zu entschuldigen".
Wachsam muss man sein, wenn jemand nicht mehr von sich spricht, sondern durch Reden über Dritte Feindbilder aufbaut und Stimmung macht.
Schließlich gilt es darauf zu achten, dass es nicht zu emotionalen Abhängigkeiten kommt, z.B. wenn jemand sich in der Opferrolle einrichtet und sich so Zuwendung und Trost holt.
Ja, denn jemand muss damit anfangen, sein Herz zu zeigen. Dazu braucht es Mut und einen großen Vertrauensvorschuss. Die anderen werden durch dieses Beispiel ermutigt, sich auch zu öffnen. Es ist nicht hilfreich, jemanden zu ermahnen, "endlich einmal ehrlich zu werden". Zum Austauschen gehört auch die Freiheit, nichts zu sagen.
Heute bist du es, der schwierige Dinge zu sagen hat, morgen ein anderer. Austausch lebt davon, dass wir alle Menschen mit Licht und Schatten sind, die auf das Erbarmen Gottes angewiesen sind. Vor ihm ist keiner besser als der andere. Es mag schwierig erscheinen, Fehler vor anderen wahr sein zu lassen, doch die Erfahrung zeigt, dass ich da, wo ich ehrlich zu mir stehe, viel weniger angreifbar oder manipulierbar bin.
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