Das Credo eines Tobaindianers

von Rafael Mansila 

Der Schöpfer hat uns Indianern besondere Gaben gegeben, und mit ihnen die Aufgabe, sie wertzuschätzen und einzusetzen. Unsere Völker sind traditionell gemeinschaftlich orientiert - ein Wesenszug, den uns bis heute niemand streitig machen konnte. Wir wollen alles, was Gott uns anvertraut hat, vor seinen himmlischen Thron bringen: unsere Kultur, unsere Sprache, unsere Hautfarbe und unsere eigene Art, ihn zu loben.

Der Tag wird kommen

Wir wollen Gott loben. Und wir wollen ihn durch unsere eigene Brille sehen lernen. Es ist uns wichtig, diese Sicht der nächsten Generation zu vermitteln, damit sie lernt, nicht auf krummen, unauthentischen Wegen zu wandeln, sondern sich an das zu halten, was ihrer Identität entspricht. Denn unser Weg hat - so glauben wir - seine eigenen Bahnen und unser Schritt seine eigene Geschwindigkeit. Wir haben die Pflicht, unseren Kindern  bewusst zu machen, woher wir kommen, und mit ihnen einer gemeinsamen Zukunft entgegenzugehen.

Wie jedes Volk besitzen auch wir etwas Besonderes - darin liegt das Geheimnis unseres Wesens. Aus ihm schöpfen wir Kraft zum Überleben und zum Leben als Indianer. Von diesem Geheimnis zeugt auch die Vision des Johannes in Offenbarung 7,9: Danach sah ich eine große Menge Menschen, so viele, dass niemand sie zählen konnte. Es waren Menschen aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen. Sie standen in weißen Kleidern vor dem Thron und dem Lamm und hielten Palmzweige in den Händen.

Der Apostel sieht unzählbar viele Menschen vor Gottes Thron, sie halten Palmzweige in der Hand, zum Zeichen dafür, dass sie ihr Ziel, die himmlische Herrlichkeit, erreicht haben. Johannes erkennt, dass sie gut voneinander zu unterscheiden sind: Menschen mit heller und dunkler Hautfarbe, die verschiedene Sprachen sprechen und auf unterschiedlichen Musikinstrumenten spielen. Der Text ist unmissverständlich: Der Tag wird kommen, an dem alle Menschen, alle Völker, alle Nationen vor Gott erscheinen werden - und zwar mit ihrer eigenen Hautfarbe und ihrer ganz eigenen Art und Weise, ihn zu verherrlichen. Jeder in seiner eigenen Sprache! Auch deswegen ist es mir wichtig, dass die Sänger und Musiker unserer Kirche die Lieder in unserer Sprache komponieren und singen. Mit diesen Liedern, den Worten und Melodien unseres Herzens, möchten wir einst vor Gott ziehen und sie ihm zusingen.

... an dem alle Völker

Was Gott uns als Gabe gegeben hat, das wollen wir doch nicht verachten! Seine Gabe gering zu achten, das ist, als ob wir sie nie erkannt oder empfangen hätten! Würdest du ein Geschenk ablehnen, das dir ein anderer macht? Niemals! Denn du kennst den, von dem es kommt, und weißt, dass er es aus lauter Liebe geschenkt hat. So ist es auch mit dem, was Gott uns mit unserer Kultur gegeben hat: Wer das verachtet, schätzt nicht nur sich selbst gering, sondern eigentlich den, der sie uns geschenkt hat! Und wie soll so jemand einst vor Gottes Angesicht erscheinen? Welche Sprache wird ihm zu Gebote stehen?

Der Vers sollte uns alle zum Nachdenken bringen. Nicht wenige weiße Bibelausleger haben versucht, uns beizubringen, dass sich im Himmel unsere Hautfarbe ändern würde. Sie sagten: Du bist jetzt dunkelbraun, aber in der Gegenwart Gottes wirst du weiß sein (wie ich). Das scheint mir aber nicht recht zu sein.

Johannes kann in der versammelten Menschenmenge deutlich die Völker und Nationen unterscheiden. Ganz offensichtlich sieht er verschiedene Hautfarben, hört er verschiedene Sprachen und Lieder, die alle zu Gottes Wohlgefallen erklingen.

... vor Gott erscheinen

Keiner von uns sollte sich also einbilden, dass seine Hautfarbe in der Gegenwart Gottes aufgehellt würde. Niemals! Der Bibeltext ist klar: "Sie standen in weißen Kleidern vor dem Thron und dem Lamm und hielten Palmzweige in den Händen." Nicht die Hautfarbe ist es, sondern die Gewänder, die Johannes als strahlend weiß beschreibt. Die weißgewaschenen Kleider stehen für die neue Gerechtigkeit, für die aufrechte Lebensweise, die Jesus uns Menschen schenkt und ermöglicht.

Deswegen möchte ich euch ermutigen, unsere Kultur, unsere Art auf dieser Welt zu sein und zu leben - das Besondere, das Gott uns durch unsere Vorfahren hat zukommen lassen -, wertzuschätzen. Dieses Geschenk werden wir ihm präsentieren, wenn wir an jenem Tag vor ihm stehen.

Von

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