Körper unter Körpern

Grundlegung zu einer Theologie des Leibes

von Papst Johannes Paul II

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibe. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht (Gen 2, 18). Diese Worte spricht Gott Jahwe im zweiten Bericht über die Erschaffung des Menschen. Darin geht der Erschaffung der ersten Frau (Gen 2, 21-22) die Schilderung der Erschaffung des Menschen (des Mannes Gen 2, 7) voraus. Bezeichnenderweise wird der erste Mensch (adam), der aus Erde vom Ackerboden geschaffen ist, erst nach der Erschaffung der ersten Frau als ein „männliches“ Wesen (hebräisch: 'is) definiert. Wenn Gott Jahwe daher die Worte von der Einsamkeit spricht, bezieht er sie auf die Einsamkeit des Menschen als solchen.1 

Der erste Schöpfungsbericht kennt dieses Problem nicht. Dort wird der Mensch in einem einzigen Akt als Mann und Frau erschaffen: Gott schuf also den Menschen als sein Abbild… Als Mann und Frau schuf er sie (Gen 1, 27). Der zweite Bericht, der zuerst von der Erschaffung des Mannes und erst dann von der Erschaffung der Frau aus der Rippe des Mannes spricht, konzentriert unsere Aufmerksamkeit darauf, dass der Mensch allein ist, und das erscheint als ein fundamentales anthropologisches Problem, das in gewissem Sinne noch vor der Tatsache kommt, dass der Mensch Mann und Frau ist. Das Problem ist weniger im chronologischen als vielmehr im existentiellen Sinn vorgängig: es ist seiner Natur nach früher. So stellt sich das Problem der Einsamkeit des Menschen vom Gesichtspunkt der Theologie des Leibes her, wenn uns eine vertiefte Analyse des zweiten Schöpfungsberichts (Gen 2) gelingt.
 

Einsam in der Schöpfung

Die Feststellung, es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibe, erscheint nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Entschluss Jahwes, eine Frau zu erschaffen, sondern im weiteren Zusammenhang mit Motiven und Umständen, die den Sinn der ursprünglichen Einsamkeit des Menschen tiefer erklären. Der Text verbindet vor allem die Erschaffung des Menschen mit dem Verlangen, den Ackerboden zu bestellen (Gen 2, 5), was dem Gebot im ersten Bericht entsprechen würde, die Erde zu bevölkern und zu unterwerfen (vgl. Gen 1, 28). Weiter spricht der zweite Schöpfungsbericht vom Menschen im Garten Eden und führt uns so in den Zustand seiner ursprünglichen Glückseligkeit ein. Bis zu diesem Augenblick ist der Mensch Objekt von Jahwes Schöpfungsakt, der gleichzeitig als Gesetzgeber die Bedingungen des ersten Bundes mit dem Menschen festsetzt. Bereits dadurch wird die Subjektivität des Menschen unterstrichen. Sie findet einen weiteren Ausdruck, als Gott aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels formte und sie dem Menschen zuführte, um zu sehen, wie er sie benenne (Gen 2, 19). So wird also die Urbedeutung der ursprünglichen Einsamkeit des Menschen aufgrund eines besonderen „Tests“ bzw. einer Prüfung definiert, die der Mensch vor Gott (und gewissermaßen auch vor sich selbst) bestehen muss. Durch diesen Test wird er sich seiner eigenen Überlegenheit bewusst, der Tatsache, dass keine andere Art von Lebewesen auf Erden auf gleicher Stufe mit ihm steht. 

Der geschaffene Mensch befindet sich vom ersten Augenblick seiner Existenz an vor Gott gleichsam auf der Suche nach seiner Selbstbestimmung.
 

Allein vor Gott

Im großartigen Abschnitt des zweiten Schöpfungsberichts befindet sich der Mensch allein vor Gott, um vor allem durch eine erste Selbstbestimmung die Selbsterkenntnis als ursprüngliche und grundlegende Äußerung des Menschseins auszudrücken. Das eigene Erkennen geht einher mit dem Erkennen der Welt, aller sichtbaren Geschöpfe, aller Lebewesen, denen er einen Namen gibt und dadurch ihnen gegenüber sein Anderssein behauptet. Das Erkennen also offenbart den Menschen als jemanden, der die Fähigkeit der Erkenntnis der sichtbaren Welt besitzt. Die Einsamkeit bezeichnet auch die Subjektivität, die sich gerade durch die Selbsterkenntnis entwickelt. Er ist aber nicht nur seinem Wesen nach und subjektiv allein. Als Leser des Schöpfungsberichtes werden wir gewissermaßen Zeugen der Tatsache, dass sich der Mensch mit dem ersten Akt der Selbsterkenntnis vor Gott von der gesamten Welt der Lebewesen unterscheidet, sich also selbst entdeckt und dadurch erst sich in der sichtbaren Welt als Person behauptet. 

Als Gott Jahwe dem Menschen das Gebot erteilt, das alle Bäume im Garten Eden betrifft, vor allem jenen der Erkenntnis von Gut und Böse, kommt zu den Grundzügen des Menschen das Moment der Entscheidung und der Selbstbestimmung, das heißt des freien Willens, hinzu. Der Mensch ist das Subjekt, das als Person, als „Partner des Absoluten“ eingesetzt wurde, insofern es bewusst zwischen Gut und Böse, zwischen Leben und Tod unterscheiden und wählen muss. Die Worte des ersten Gebotes Gott-Jahwes (Gen 2, 16-17), die unmittelbar von der Unterwerfung des Menschengeschöpfes und seiner Abhängigkeit vom Schöpfer sprechen, enthüllen indirekt eben diese Stufe des Menschseins als Subjekt des Bundes und „Partner des Absoluten“. Er ist allein: das besagt, dass er durch sein Menschsein, durch das, was er ist, zugleich in eine einzigartige, ausschließliche und unwiederholbare Beziehung und Verbindung mit Gott selbst gebracht wird. Damit kommt die im jahwistischen Text enthaltene anthropologische Definition jener sehr nahe, die wir bereits im ersten Schöpfungsbericht finden: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild nach unserer Gestalt (Gen 1, 26).
 

Person: Körper unter Körpern

Der so gestaltete Mensch gehört der sichtbaren Welt an, ist Körper unter Körpern. Indem wir die Bedeutung der ursprünglichen Einsamkeit wieder aufnehmen und gewissermaßen wieder aufbauen, wenden wir sie auf den Menschen in seiner Ganzheit an. Gerade der Körper, durch den er an der sichtbaren geschaffenen Welt teilhat, bringt ihm zugleich zu Bewusstsein, dass er allein ist. Er wäre sonst nicht imstande gewesen, zu jener Überzeugung zu gelangen (vgl. Gen 2, 20), wenn ihm sein Körper nicht geholfen hätte, das zu erfassen. 

Der jahwistische Text spricht nirgends direkt vom „Körper“; selbst dort, wo es heißt, dass der Herr den Menschen aus Erde vom Ackerboden formte, ist vom Menschen und nicht vom Körper die Rede. Dennoch bietet uns der Bericht in seiner Gesamtheit ausreichende Grundlagen, um diesen in der sichtbaren Welt geschaffenen Menschen als Körper unter Körpern wahrzunehmen. Er erlaubt uns darüber hinaus, die ursprüngliche Einsamkeit mit dem Körperbewusstsein in Verbindung zu bringen, durch das sich der Mensch von allen Lebewesen unterscheidet und sich von ihnen „scheidet“ und durch das er Person ist. Man darf mit Sicherheit behaupten, dass der so beschaffene Mensch gleichzeitig über das Bewusstsein und über das Wissen um den Sinn des eigenen Körpers verfügt – und all dies aufgrund der Erfahrung der ursprünglichen Einsamkeit.
 

Wenn wir gleich am Anfang des jahwistischen Textes lesen: Es gab noch keine Menschen, die den Ackerboden bestellten, aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Ackerbodens (Gen 2, 5-6), bringen wir mit Recht diesen Abschnitt mit jenem des ersten Berichts in Verbindung, in dem das göttliche Gebot formuliert wird: Bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht (Gen 1, 28). Der zweite Bericht spielt deutlich auf die Arbeit an, die Erde zu bebauen. Das erste grundlegende Mittel, um die Erde zu beherrschen, findet sich im Menschen selbst! Er kann die Erde beherrschen, weil er – und eben keines der anderen Lebewesen – fähig ist, sie zu kultivieren und entsprechend seinen Bedürfnissen umzugestalten. So scheint denn diese erste Skizzierung einer spezifisch menschlichen Tätigkeit zur Definition des Menschen zu gehören, ebenso wie sie zur Bedeutung der ursprünglichen Einsamkeit und zu jener Dimension der Einsamkeit gehört, durch welche der Mensch von Anfang an in der sichtbaren Welt sich als Körper unter Körpern findet und den Sinn seiner eigenen Körperlichkeit entdeckt.
 

Frei, das Leben zu wählen

Das Körperbewusstsein scheint in diesem Fall identisch zu sein mit der Entdeckung der Vielschichtigkeit der eigenen Struktur, die nach der philosophischen Anthropologie letztlich in der Beziehung zwischen Seele und Leib besteht: Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen (Gen 2, 7).2 Der Mensch ist Subjekt auch aufgrund des ihm eigenen Körpers, was ihm echtes menschliches Handeln ermöglicht. In diesem Tun bringt der Leib die Person zum Ausdruck. Der Leib ist also in seiner ganzen gleichsam durchlässigen und transparenten Stofflichkeit in der Lage, zu verdeutlichen, wer der Mensch dank der Struktur seines Bewusstseins und seiner Selbstbestimmung ist (und wer er sein sollte). So wird er als Subjekt des alten Bundes mit dem Schöpfer nun vor das Geheimnis des Baumes der Erkenntnis gestellt: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn wenn du davon isst, wirst du sterben. (Gen 2, 16-17).
 

Hätte der Mensch überhaupt verstehen können, was das Wort Du wirst sterben bedeutet? Wäre er fähig, durch die komplexe Struktur des Lebens, das ihm geschenkt worden war, den Sinn dieses Wortes zu verstehen? Man muss zugeben, dass dieses völlig neue Wort am Bewusstseinshorizont des Menschen aufgetaucht ist, ohne dass er dessen Realität je erfahren hätte, und dass dieses Wort ihm zugleich als radikaler Gegensatz zu all dem erschien, mit dem er ausgestattet war. Die Worte, die Gott Jahwe an ihn richtete, waren die Bestätigung für eine Abhängigkeit im Sein, die ihn zu einem begrenzten, seiner Natur nach zur Nichtexistenz fähigen Wesen macht. Sie drücken das Problem des Todes in Form einer Bedingung aus: Wenn du davon isst, wirst du sterben. Der Mensch, der diese Worte gehört hatte, musste ihre Wahrheit an der inneren Struktur seiner Einsamkeit ablesen. Schließlich hing es von ihm, von seiner Entscheidung und freien Wahl ab, ob er mit seiner Einsamkeit in den Kreis der ihm vom Schöpfer zugleich mit dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse geoffenbarten Antithese eintreten und so die Erfahrung des Sterbens und des Todes machen wollte. Als der Mensch die Worte Gott-Jahwes hörte, hätte er begreifen müssen, dass der Baum der Erkenntnis nicht bloß im Garten Eden, sondern auch in seinem Menschsein Wurzel gefasst hatte und eine ihm bis dahin unbekannte Dimension der Einsamkeit in sich barg. 

Die Wahl zwischen Sterben und Unsterblichkeit reicht über die wesentliche Bedeutung des menschlichen Körpers insofern hinaus, als sie die eschatologische Bedeutung nicht nur des Körpers, sondern des Menschseins selbst aufgreift, das sich von allen Lebewesen, von den „Körpern“, unterscheidet. In ganz besonderer Weise jedoch betrifft diese Wahl den aus der Erde vom Ackerboden geschaffenen Körper und gehört von Anfang an zur Definition des Menschen und zum Sinn seiner Einsamkeit vor Gott. Dieser ursprüngliche Sinn der Einsamkeit, von der Entscheidung zwischen Sterben und Unsterblichkeit durchdrungen, ist für die gesamte Theologie des Leibes von fundamentaler Bedeutung. Die Ureinsamkeit des Menschen, die sich klar und deutlich aus den Texten des Buches Genesis ergibt, regt auch zum Nachdenken über die Texte und den Menschen an, der sich der Wahrheit, die ihn selbst betrifft und bereits in den ersten Kapiteln der Bibel aufscheint, vielleicht allzu wenig bewusst ist.
 

Einheit und Zweiheit

Gott-Jahwe sagt: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibe. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht (Gen 2, 18). Und gleichzeitig bestätigt der Mensch seine eigene Einsamkeit (Gen 2, 20). Danach lesen wir: Da ließ Gott, der Herr, eine Ohnmacht auf den Menschen fallen, so dass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu (Gen 2, 21-22). Man kann zu dem Schluss kommen, dass der Mensch (‚adam) in jene „Ohnmacht“ versinkt, um als „Mann“ und „Frau“ danach zu erwachen. Und in der Tat, in Gen 2, 23 stoßen wir zum ersten Mal auf die Unterscheidung 'is –'issah. So bricht der Kreis der einsamen menschlichen Person auf. 

Die Frau wird aus der Rippe geformt, die Gott-Jahwe aus dem Mann genommen hatte. Im Sinne der altertümlichen und bildhaften Ausdrucksweise handelt es sich hier um die volle Wesensgleichheit der beiden, die sich vor allem auf den Körper, auf die Struktur ihres Leibes bezieht. Die Gleichheit des Leibes ist trotz der durch den Geschlechtsunterschied bedingten Verschiedenartigkeit so offensichtlich, dass der Mann, der aus dem schöpferischen Schlaf erwacht, sagt: Das endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch! Frau soll sie heißen, denn vom Mann ist sie genommen (Gen 2, 23). So bekundet der Mann zum ersten Mal überschwängliche Freude, zu der er bisher keinen Grund hatte, weil ihm ein ihm gleiches Wesen fehlte. Die Freude über das andere menschliche Wesen, das zweite „Ich“, beherrscht seine Worte.
 

Die „Endschöpfung“ des Menschen besteht also in der Erschaffung der Einheit zweier Wesen. Ihre Einheit bezeichnet vor allem die Identität der menschlichen Natur; die Zweiheit hingegen bringt das zum Ausdruck, was auf der Basis dieser Identität die Männlichkeit bzw. Weiblichkeit des erschaffenen Menschen ausmacht. Diese ontologische Dimension der Einheit und der Zweiheit hat zugleich eine axiologische3 Bedeutung: dass der Mensch vor Gott einen besonderen Wert hat („Gott sah, das alles, was er gemacht hatte, sehr gut war“, Gen 1, 31), dass er aber auch vor sich selbst besonders wertvoll ist: erstens, weil er Mensch ist; zweitens, weil die Frau für den Mann und, umgekehrt, der Mann für die Frau da ist. Während das erste Kapitel der Genesis diesen Wert in rein theologischer und indirekter metaphysischer Form zum Ausdruck bringt, enthüllt das zweite Kapitel sozusagen den ersten Kreis menschlicher Werterfahrung. Der knappe Text von Gen 2, 23, der die Worte des ersten Menschen angesichts der erschaffenen aus ihm genommenen Frau umfasst, kann als biblischer Prototyp des Hohenliedes angesehen werden. Und wenn es möglich ist, Eindrücke und Gefühlsregungen aus so weit zurückliegenden Worten herauszulesen, könnte man es auch wagen zu sagen, dass die Tiefe und Kraft dieser ersten, „ursprünglichen“ Gemütsbewegung des Mannes als Mensch angesichts der Frau als Mensch und zugleich angesichts der Weiblichkeit dieses anderen menschlichen Wesens als etwas Einmaliges und Unwiederholbares erscheint. 

Überwindung der Einsamkeit

So kommt die Bedeutung der ursprünglichen Einheit des Menschen gerade in der Männlichkeit und Weiblichkeit als Überwindung der Einsamkeit zum Ausdruck und äußert sich zugleich als Bestätigung all dessen, was in der Einsamkeit den Menschen ausmacht. Der Mensch erwirbt in seiner ursprünglichen Einsamkeit ein persönliches Bewusstsein, indem er lernt, sich von allen anderen Lebewesen zu unterscheiden und sich zugleich in dieser Einsamkeit einem ihm ähnlichen Wesen zu öffnen, das die Genesis (2, 18.20) als „Hilfe, die ihm entspricht“, bezeichnet. Dieses „Sich-Öffnen“ bestimmt den Menschen als Person nicht weniger, ja wahrscheinlich noch mehr als das „Sich-Unterscheiden“. Die Einsamkeit stellt sich nicht nur als die erste Entdeckung der für die Person charakteristischen Transzendenz dar, sondern auch als Entdeckung einer entsprechenden Beziehung zur Person und somit als Öffnung und Erwartung einer personalen Gemeinschaft. Man könnte hier auch den Ausdruck communitas verwenden, wenn er nicht zu allgemein wäre und nicht so unzählige Bedeutungen hätte. Communio besagt mit größerer Genauigkeit mehr, weil es genau auf jene Hilfe hinweist, die in gewissem Sinne eben aus der Tatsache der Existenz des Menschen als Person „neben“ einer Person herstammt. 

In der biblischen Erzählung wird diese Tatsache an sich zur Existenz der Person „für“ die Person, da sich der Mensch in seiner ursprünglichen Einsamkeit gewissermaßen bereits in dieser Beziehung befand. Zudem konnte sich die personale Gemeinschaft nur auf Grund einer „beiderseitigen Einsamkeit“ des Mannes und der Frau herausbilden, das heißt als Begegnung in ihrer Verschiedenheit von der Welt aller übrigen Lebewesen (animalia), die beiden die Möglichkeit zu einem Dasein und zu einer Existenz in besonderer Gegenseitigkeit gab. Unerlässlich für diese Gegenseitigkeit war alles, was wesentlich beider Einsamkeit begründete und daher auch die Selbsterkenntnis und Selbstbestimmung, das heißt die Subjektivität und das Bewusstsein vom Sinn des eigenen Körpers. Im Geheimnis der Schöpfung auf der Basis der wesenhaften „Ureinsamkeit“ seines Daseins wurde der Mensch mit einer tiefen Einheit begabt: der Einheit, als Mann Mensch und Körper und als Frau Mensch und Körper zu sein.

Der erste Bericht von der Erschaffung des Menschen im ersten Kapitel behauptet von Anfang an und direkt, dass der Mensch als Abbild Gottes, als Mann und Frau, geschaffen wurde. Aus dem zweiten Bericht können wir folgern, dass der Mensch nicht nur durch sein Menschsein als solches, sondern auch durch die personale Gemeinschaft, die Mann und Frau von Anfang an bilden, zum „Abbild und Ebenbild“ Gottes geworden ist.

Fußnoten

  1. Der hebräische Text nennt den ersten Menschen haadam. Der Begriff is (männliches Wesen) taucht erst in der Gegenüberstellung mit issah (weibliches Wesen) auf. Solange der Mensch einsam ist, findet sich also keine Bezugnahme auf sein Geschlecht.
  2. Die biblische Anthropologie unterscheidet im Menschen nicht so sehr „den Leib“ und „die Seele“ als vielmehr „Körper“ und „Leben“. Der biblische Verfasser stellt hier das Schenken des Lebens durch den „Lebensatem“ dar, der weiterhin Eigentum Gottes bleibt: wenn Gott ihn wegnimmt, kehrt der Mensch zurück zum Staub der Erde, aus dem er gemacht ist (vgl. Ijob 34, 14-15; Ps. 104, 29 f.).
  3. Axiologie (griechisch): Wertelehre; axiologisch: die Werte betreffend 

Von

  • Papst Johannes Paul II.

    (1920-2005) leitete die Katholische Kirche von 1978-2005. In den Jahren 1979-1984 hielt er eine Serie von Katechesen, die den Grundstock der sog. „Theologie des Leibes“ bildet, eines Grundlagenwerks der zeitgenössischen christlichen Sexualethik.

    Alle Artikel von Papst Johannes Paul II.

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