Gyong-Jun aus Nordkorea
Ich heiße Gyong-Jun, bin 18 Jahre alt und besuche die zweite Stufe der Highschool. Seit 2009 lebe ich in Südkorea, bin aber als Tochter wohlhabender und einflussreicher Eltern in Pjöngjang, der nordkoreanischen Hauptstadt geboren. Mein Vater war enger Mitarbeiter des Führers Kim Jong Il. Im Jahr 1998, ich war gerade sechs Jahre alt, fiel mein Vater in Ungnade und unsere Familie musste nach China fliehen.
Ein in China lebender Verwandter lud uns in seine Gemeinde ein. Dort begegneten meine Eltern der überwältigenden Gnade und Liebe Gottes. Einige Monate später erkrankte jedoch meine Mutter, die ihr zweites Kind erwartete, an Leukämie und starb. Inmitten dieser Familientragödie widmete sich mein Vater mit Unterstützung südkoreanischer und amerikanischer Missionare dem intensiven Bibelstudium, weil er den dringenden Wunsch verspürte, als Evangelist nach Nordkorea zurückzukehren. 2001 aber wurde er aufgrund einer Anzeige von der chinesischen Polizei verhaftet, an Nordkorea ausgeliefert und dort zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er hatte große Angst um mich, weil ich allein zurückblieb, aber die drei Jahre, in denen er seinem Herrn im Gefängnis dienen konnte, haben seinen Glauben weiter gefestigt. Statt Gott anzuklagen, flehte er umso inniger um seinen Beistand.
Nach seiner Entlassung kehrte mein Vater nach China zurück und für eine kurze Weile waren wir wieder vereint. Wenig später reiste er aber wieder in seine Heimat, um Jesu Botschaft vom Leben und von der Hoffnung mit den Menschen zu teilen, die ohne Hoffnung sind. Er verzichtete darauf, mit mir nach Südkorea auszureisen, wo er seinen Glauben in aller Freiheit hätte bekennen können. Stattdessen predigte er im Terrorregime das Evangelium. Es bricht mir das Herz, wenn ich davon berichte, wie die nordkoreanischen Behörden ihn 2006 überführten und wieder einsperren ließen. Seither habe ich ihn nicht wiedergesehen und weiß nichts Konkretes über seinen Verbleib. Wir müssen davon ausgehen, dass man ihn der Spionage bezichtigt und öffentlich exekutiert hat – wie viele andere Christen auch.
Als mein Vater zum ersten Mal inhaftiert wurde, war ich selbst kein Christ. Auch nicht, als er mich später zurückließ, um in seine Heimat zurückzukehren. Aber in der Familie des chinesischen Pastors, die mich liebevoll aufnahm, hat Gott mich beschützt und versorgt. Als das Pastorenehepaar 2007 nach Amerika gerufen wurde, bekam ich die Möglichkeit, nach Südkorea auszureisen. Ich wurde in der südkoreanischen Botschaft in Peking einquartiert und wartete auf mein Visum. In jener Nacht sah ich Jesus im Traum. Er weinte. Er trat auf mich zu und sagte: „Gyong-Jun, wie lange willst du mich noch warten lassen? Folge mir nach! Ja, du hast deinen irdischen Vater verloren, aber du hast einen Vater im Himmel, und in allem, was dir widerfahren ist, habe ich dir meine Liebe gezeigt.“ Aus dem Traum erwacht, kniete ich nieder und betete zum ersten Mal. In dieser Nacht habe ich verstanden, dass Gott, mein Vater, mich so sehr liebt und ich ihm so wichtig bin, dass er seinen Sohn Jesus um meinetwillen in den Tod hingegeben hat. Ich betete: „Gott, hier bin ich, ich lege nun alles vor dich hin und schenke dir mein Herz, meine Seele, meinen Verstand und meine Kraft. Gebrauche mich, wie du es für richtig hältst.“
Gott hat seither eine brennende Liebe für Nordkorea in mein Herz gesenkt. Wie schon mein Vater sehne ich mich danach, Christus zu folgen und mich für sein Reich einzusetzen. Ich möchte seine Liebe nach Nordkorea bringen. Wenn ich auf mein noch gar nicht langes Leben zurückschaue, erkenne ich in allem Gottes Führung. Sechs Jahre Nordkorea, elf Jahre China und die Zeit seither in Südkorea: Alles, was ich erlebte und überlebte, den Schmerz und die Trauer, was mir widerfahren ist und was ich habe lernen müssen, will ich Gott darbringen, damit er es für sein Königreich fruchtbar macht. Im Gedenken an meinen Vater und zur Herrlichkeit des himmlischen Vaters möchte ich Christus mit ungeteiltem Herzen dienen.
Zur Zeit arbeite ich hart für die Aufnahmeprüfung an der Universität. Ich möchte Politikwissenschaft und Diplomatie studieren und mich später für mein Volk, das man seiner Rechte beraubt hat, einsetzen. Ich bin gewiss, dass Gottes Herz für die verlorenen Menschen in Nordkorea schlägt und er sie ruft. Liebe Schwestern und Brüder, in aller Demut bitte ich Sie, Gottes Herzenswunsch zu Ihrem eigenen zu machen. Bitte, beten Sie, dass die Erkenntnis von seinem Erbarmen, die erst meinem Vater und meiner Mutter aufleuchtete und schließlich auch mir, eines Tages auch über den Menschen in Nordkorea, über meiner Heimat, aufstrahlt.
Zeugnis einer jungen Nordkoreanerin auf der Lausanner Konferenz 2010 in Südafrika. Abdruck mit Genehmigung.
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