Siegertypen

Edward Knippers, Jacob wrestling the angel
© Edward Knippers, Jacob wrestling the angel

Vom Counter-Striker zum Streiter Gottes

Gekämpft wird heute viel, stundenlang – im Computer. Counterstrike, da ist noch etwas los, zumindest Ablenkung von der Langeweile oder anderen Gefühlen, die man an sich nicht mag. Virtuelle Welten, die helfen, dem realen Leben und Kämpfen auszuweichen, die aber den Alltag noch schaler machen. Abenteuer, die herausfordern und aufbauen, an denen man wachsen kann, die dem Leben Sinn und Kontur geben – wo sind sie geblieben? Antonius, der Einsiedler, war so ein Abenteurer. Seine Erfahrung mit jungen Leuten beschrieb er so: „Wenn einer mit mir lebt, der mit großen Ideen zum Himmel strebt, aber an seinem Leben verzagt, den packe ich bei den Füßen und ziehe ihn auf die Erde.“ Das größte Abenteuer ist, für andere zu leben. Und dabei lernt man sich kennen. Es gibt keine Selbsterkenntnis ohne Gotteserkenntnis.

Im Schatten der Vergangenheit

Davon handelt auch Jakobs Geschichte: Sie holte ihn ein, als er vierzig wurde. Er war recht erfolgreich, aber laufend auf der Flucht – vor sich und vor anderen. Mit zwanzig musste er vor seinem älteren Bruder fliehen, der ihn umbringen wollte, weil er ihn betrogen hatte. Als ihr Vater sein Ende kommen spürte, wollte er diesen älteren Bruder, Esau, segnen und als Erben einsetzen. Aber Jakob konnte den Segen für sich ergattern, indem er dem blinden Vater vortäuschte, er sei der Ältere. Das war seine Lebensstrategie, das trug Jakob tief in sich: vorzutäuschen, jemand zu sein, der er nicht war, um etwas zu bekommen, was ihm nicht gehörte.

In der Falle der Realität

Nun, mit Vierzig, stand er nachts am Fluss und dachte mit Sorge an seinen Bruder. Der zog ihm mit einer Schar streitbarer Männer entgegen. Seine Familie, sein Hab und Gut, alle seine Mitarbeiter hatte Jakob in Sicherheit gebracht – man konnte ja nie wissen. Reich war er geworden. Nun stand er allein am Fluss, von der Angst eingeholt. Hellwach lauschte er in die Nacht, ahnend, dass er seiner Wirklichkeit, der verdrängten Lebensgeschichte, nicht auf Dauer ausweichen kann. Irgendwann funktionieren Versteckspiele nicht mehr, lassen sich Lebenslügen, die allen Erfolg wie ein Schatten begleiten, nicht mehr aufrechterhalten.

Im Dämmer der Selbsterkenntnis

Und mitten im nächtlichen Warten stürmte ein Unbekannter auf ihn ein. In hellem Entsetzen wehrte sich Jakob. Sein Gegner verrenkte ihm die Hüfte, um ihn zu schwächen. Ein Ringen um Leben und Tod begann – aber gegen wen oder was? Der Schatten seiner Lebensängste? Ein Dämon, ein Engel? Wohl von allem etwas – aber in allem Gott. Solche Krisen wecken alle „schlafenden Hunde“. Verzweifeltes, unentschiedenes Ringen bis in die Morgendämmerung. Da wollte der Gegner davon. Intuitiv packte ihn Jakob mit letzter Kraft: „Ich lasse dich nicht ohne Segen ziehen“, denn er spürte: alles ist verloren, wenn der andere mich jetzt nicht segnet.

Im Licht des Segens

Segen ist Zuspruch: „Du sollst nicht mehr Jakob (der Hinterlistige) heißen, sondern Israel (Streiter Gottes), denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen.“ Kein Sieg gegen andere; ein Sieg über sich selbst, seinen Schatten, seine Lebenslüge, seine Hinterlist. Diese Siege will Gott, dafür stellt er sich uns streitend in den Weg. Jakobs Betrug, das Rivalisieren, die Flucht vor sich selbst – alles Bausteine einer fragwürdigen Identität. Dahinein fiel der Segen, denn der Kampf hatte sein Herz weich und die Seele formbar und aufnahmebereit gemacht. Ein Segen, der neue Identität stiftet, die alte der Neuen einfügt. Unsere Identität kommt aus dem Zuspruch dessen, der uns herausfordert. 

Von

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