CC Ms. June Franks
Der Heilige Geist wirkt Frucht
Im Gegensatz zu den Werken des „Fleisches“, die Paulus in Galater 5 aufzählt, macht er hier deutlich, was es heißt, im Geist zu leben, vom Geist regiert zu werden, im Geist zu wandeln. Er zählt sie gleichsam wie einzelne kleine Früchte einer großen Traube (die „Frucht des Geistes“) auf: „Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.“ Als erstes wird die Liebe genannt; sie ist ja nicht Charisma, sondern Frucht. Der Geist wirkt diese Frucht. Indem uns Gottes Liebe in Christus begegnet, baut Gottes Geist sie in uns auf, wird aus seinem Wirken die Frucht der Liebe, löst Gottes Liebe unser Lieben aus. Als zweite Teilfrucht wird die Freude genannt. Es ist jene Freude, die Gott, der Vater Jesu Christi, durch den Heiligen Geist in uns wirkt. Es ist die Freude, die über alles natürliche Sichfreuen hinausgeht, die uns auch auf schweren Wegstrecken aus diesem Geheimnis der Freude in Christus leben lässt, die Frucht des Geistes in uns ist und durch uns Freude wirkt. Als dritte Teilfrucht wird Friede genannt. Dieser Friede ist jenes tiefe Heilwerden durch Christus, das der Heilige Geist in uns wirkt und durch uns als Frucht weiter wirken lassen will. Dann ist von der Geduld die Rede; sie schließt Langmut, Standhaftigkeit, Ausdauer, gegenseitiges Verzeihen, Ertragen und Geltenlassen ein. Sodann wird die Freundlichkeit genannt; der Heilige Geist bewirkt als Frucht, dass wir miteinander freundlich, milde, einander zugewandt umgehen. Weiter ist als Frucht von der Güte die Rede; darin liegt etwas vom Gutsein zueinander, von Rechtschaffenheit, von dem Schönen geistgewirkter Güte. Schließlich nennt Paulus noch Treue, Sanftmut und Keuschheit. In der Treue liegt Zutrauen, Vertrauen, Zuverlässigkeit, auch glaubensvolle Standhaftigkeit. Sanftmut drückt sich aus in Milde, Lindigkeit, in einem Verhalten, das nicht aggressiv, nicht von unberechenbarem Zorn geprägt ist. Schließlich liegt in dem, was Luther als Frucht des Geistes mit Keuschheit übersetzt, wesentlich das Element der Selbstbeherrschung, der Selbstzucht, der Enthaltsamkeit, eines aufs Ziel ausgerichteten Beherrschtseins. Das alles ist nach Galater 5,22 Frucht des Geistes. (...)
Der Heilige Geist gibt Vollmacht
Jesus spricht als der Auferstandene seinen Jüngern mit zeichenhafter Geste den Heiligen Geist zu, und zwar als Bevollmächtigung zum Erlassen oder zum Behalten der Sünden (Joh 20,22 f.). Er sendet als der Auferstandene, dem auf der Erde wie im Himmel alle Vollmacht gegeben ist, seine Jünger mit der Zusage seiner Gegenwart aus (Mt 28,16 – 20). Ja, er sendet sie nach Markus 16 unter der Verheißung aus, dass deutliche Zeichen geschehen werden: Der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen (Mk 16,20). Und wir erkennen etwas von dieser Vollmacht in der Pfingstpredigt des Petrus, die den Menschen durchs Herz ging (Apg 2,37), auch in Heilungswundern, Dämonenaustreibungen und in anderen Kraftwirkungen, die der Heilige Geist nach dem Geschehen von Pfingsten durch die Apostel und andere Boten des Evangeliums wirkte. In Apostelgeschichte 4,8 wird ausdrücklich berichtet, wie Petrus „voll des Heiligen Geistes“ für seinen Herrn einsteht. Auch die Armenpfleger in Apostelgeschichte 6 sollen Männer voll Heiligen Geistes und Weisheit sein (Apg 6,3). Das wird dann von Stephanus ausdrücklich erwähnt (Apg 6,5). In großer Vollmacht ist er wirksam (Apg 6,8), und in seiner mutigen Rede vor der Steinigung ist er voll Heiligen Geistes, ja er sieht den Himmel offen (Apg 7,56). Geistliches Wirken kann nur aus der Vollmacht des Herrn, der da sagt … ohne mich könnt ihr nichts tun (Joh 15,5), kann nur aus der Kraft des Heiligen Geistes, nicht aus eigenem Vermögen kommen. (...)
Der Heilige Geist beruft und sendet
In seiner Erdenzeit hat Jesus Menschen berufen und gesendet. Als der Auferstandene sendet er in alle Welt, wird uns von der Gemeinde in Antiochien berichtet: Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir aus Barnabas und Saulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe (Apg 13,2). Danach werden sie unter Handauflegung von der Gemeinde zur Missionsreise ausgesandt. In Apostelgeschichte 13,4 wird die Sendung durch den Heiligen Geist noch einmal ausdrücklich genannt (als sie nun ausgesandt waren vom Heiligen Geist, kamen sie nach). Paulus mahnt die Ältesten von Ephesus bei seinem Abschied in der Hafenstadt Milet: So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist eingesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes (Apg 20,28). Hier wird deutlich, dass es der Heilige Geist ist, der Menschen berufen und sie an den Platz des Dienstes stellen will, den Er für sie bestimmt hat. Und das gilt auch heute. Wenn wir an dem Platz stehen, an dem Gott uns haben will, verwirklicht sich unser Leben, kommt das Wirken Gottes im Blick auf uns zum Ziel, wie schmal auch das Betätigungsfeld sein mag, in dem wir leben. Fehlt aber diese innere Berufung und Leitung und suchen wir uns nach unserem Willen Platz und Auftrag, so verfehlen wir das, was Gott für uns wie für jeden einzelnen Menschen vorgesehen hat. Dies gilt es mit Ernst im Blick auf alle Ämter und Dienste im Leben von Gemeinde und Kirche zu bedenken. Es ist der Geist Gottes, der berufen und leiten will. (…)
Der Heilige Geist hilft zum Bekennen
Nur durch das Wirken des Heiligen Geistes können Menschen Jesus Christus als Herrn bekennen, sich glaubwürdig und freimütig zu ihm stellen und seine Zeugen sein. Jesus hatte schon in den Abschiedsreden über den Heiligen Geist gesagt: Und auch ihr seid meine Zeugen (Joh 15,26 f.). Hatte der erhöhte Herr von Saulus gesagt, dass er ein auserwähltes Werkzeug (Apg 9,15) sein werde, so bedeutet diese Aussage völlige Abhängigkeit von dem Einen, der als Herr und Meister dieses Werkzeug gebraucht. Ein Werkzeug kann von sich aus nichts schaffen, aber durch die Hand des Meisters gelingt Wunderbares. Der Begriff der Zeugenschaft weitet den Aussagegehalt im Blick auf den Dienst für Jesus noch aus. Ein Zeuge sagt, was er gesehen und gehört, was er erlebt hat. Das bezeugt er wahrheitsgemäß. Die Apostel waren Augen- und Ohrenzeugen Jesu. Sie haben mit dem Herrn Erfahrungen gemacht. Sie konnten sagen: Wir sahen seine Herrlichkeit (Joh 1,14). Der Heilige Geist will Menschen umwandeln, sie erfüllen, sie Erfahrungen machen lassen und als Zeugen gebrauchen. Menschen sollen in der Kraft des Geistes Lebenszeugen sein, Zeugen eines verwandelten, erfüllten Lebens und das als einzelne, in der kleinen Gruppe, im Hauskreis, in der Gemeinde. Der unsichtbare Herr will seine Wirklichkeit durch seine Zeugen erkennbar machen. Wie sonst könnte man etwas von seiner Wirklichkeit, von seiner Liebe, seiner Kraft, von seinem Frieden, seiner Treue, seiner Geduld und Güte erkennen, als durch Zeugen, die mit Ihm und in der Kraft seines Geistes leben? Nur durch den Heiligen Geist, so schreibt Paulus in 1. Korinther 12,3, kann jemand Jesus den Herrn nennen. Wo der Geist Gottes wirkt, da wird nach apostolischer Erfahrung das Christenzeugnis freimütig und kraftvoll (vgl. Apg 4,31; Apg 6 u. 7). (...)
Der Heilige Geist baut Gemeinschaft
Es ist eine wesentliche Erfahrung der apostolischen Zeit, dass der Heilige Geist Gemeinschaft wirkt, dass er in Christus vereinen und Spaltungen hindern will. Auf die Abschiedsreden Jesu mit ihren vielfältigen Aussagen über den Heiligen Geist folgt jene letzte Zwiesprache Jesu mit dem Vater, das sogenannte Hohepriesterliche Gebet. Es wird wie ein roter Faden von der Aussage des Einsseins in Jesus, so wie Jesus eins ist mit dem Vater, durchzogen. Das will Gottes Geist wirken. Die Grußformel in 2. Korinther 13,13 spricht nicht nur von der Gnade Jesu Christi und von der Liebe Gottes, sondern ausdrücklich von der Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Und das Bild vom Leib und von den Gliedern, das Paulus als Darstellung der Gemeinde Jesu bis ins Einzelne ausmalt, macht dieses Einssein plastisch deutlich. In den Aussagen in 1. Korinther 12,4 – 6 wird die Unterschiedlichkeit der Gaben und Dienste betont, aber das alles lebt von dem einen Geist, dem einen Herrn, dem einen Gott. Der Leib ist zur Einheit zusammengefügt, damit im Leib keine Spaltung sei (12,25). So führt der Heilige Geist zueinander. Das ist auch eine Erfahrung in unseren Tagen, dass wir uns zum Beispiel im theologischen Ringen um bestimmte Fragen, wenn unterschiedliche Erkenntnisse uns trennen, im Stillewerden vor Gott bewusst miteinander dem Leiten des Geistes Gottes aussetzen und uns dann auch finden und Einmütigkeit gewinnen. Ja, der Heilige Geist lässt uns die erstaunliche Erfahrung machen, dass Er uns über die konfessionellen Grenzen hinweg das Einssein erleben lässt, das stärker ist als das durch kirchliche Ordnungen und Traditionen Trennende. Das bedeutet eine hoffnungsvolle Erfahrung mit einer weiten Perspektive. Das Einssein im Leibe Christi bewirkt auch Eintreten und Sorgen füreinander. Leib Christi sein schließt ein, so beschreibt Paulus es, dass die Glieder füreinander sorgen, aber auch miteinander leiden und sich miteinander freuen können (1 Kor 12,25 f.).
Der Heilige Geist wirkt lebendige Gemeinde
Die apostolischen Erfahrungen lehren uns, dass der Herr durch seinen Geist seine Gemeinde erbaut, sie wachsen lässt und ihr dazu Gaben gibt. Gemeinde Jesu ist also nicht eine menschliche Sammlungsform religiös Interessierter, nicht das Produkt menschlichen Managements, sondern sie ist Jüngerschar Jesu heute, ein lebendiger Leib unter dem Haupt Jesus Christus. Nicht Menschen haben in Gemeinden mit ihrer Kraft und ihren theologischen Fähigkeiten mühsam etwas in Gang zu bringen und in Betrieb zu halten, sondern der Herr will in seiner Kraft am Werk sein. Nach dem apostolischen Zeugnis besteht die Gemeinde Jesu aus lauter lebendigen Gliedern. Jeder darin ist begabt; aber keiner besitzt alle Gaben. Jeder soll etwas empfangen, um es einzubringen. Alle Glieder des Leibes brauchen einander. Der Leib ist nur gesund und funktionstüchtig im Zusammenwirken der Glieder und im Zusammenwirken der Gaben, die der Geist Gottes Menschen anvertraut und zuteilt. (...)
Der Heilige Geist schenkt Hoffnung
Über die Hoffnung, die der Geist wirkt, stehen mehrere Aussagen in Römer 8. Ein ausdrücklicher Hinweis findet sich an der schon erwähnten Stelle Römer 15,13. Gott wird hier geradezu als der „Gott der Hoffnung“ bezeichnet, und Paulus wünscht den Christen in Rom, dass Gott sie erfülle mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes. Der Geist des Widersachers will Menschen hoffnungslos, mutlos machen; von ihm geht Destruktives, Zerstörendes aus. Aber Gottes Geist baut auf, gibt uns neue Perspektiven, lässt uns nicht irrewerden an Vordergründigem und Menschlichem. Wo das Evangelium von Jesus Christus in den Herzen lebt, da ist Hoffnung. Wo der Geist Gottes wirkt, baut Er sie auf, stützt Er sie, setzt Er sie an die Stelle von Fehlhoffnungen, von Scheinhoffnungen, von Selbsttäuschungen. Paulus schreibt an die Christen in Ephesus, dass sie, als sie gläubig wurden, in Christus versiegelt worden seien mit dem Heiligen Geist ..., welcher ist das Unterpfand unseres Erbes, zu unserer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit (Eph 1,13 f.). (...) An anderer Stelle, am Anfang von 2. Korinther 5, spricht der Apostel über Sterben und Ewigkeit, dass das Sterbliche verschlungen wird vom Leben. Dazu sagt er dann erklärend: „Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat“ (2 Kor 5,5). Oder Paulus schreibt an Titus, dass der Heilige Geist durch Jesus Christus über uns reichlich ausgegossen ist, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung (Tit 3,4–7). Ja, Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom, dass wir den Geist als Erstlingsgabe haben (Röm 8,23) und auf unseres Leibes Erlösung warten. Der in drei dieser Aussagen gebrauchte Begriff „Unterpfand“ bedeutet vom Urtext her auch „Angeld“, Anzahlung, die einen Teil der Gesamtzahlung vorwegnimmt. Der Heilige Geist ist also das „Angeld“, die „Anzahlung“ aus dem Reich Gottes. In der Vollendung der Königsherrschaft Gottes wird derselbe Heilige Geist regieren, doch dann nur noch Er, keine andere Macht. So ist der Heilige Geist, von dem wir jetzt leben und der durch uns wirken will, der Geist aus Gottes Welt, gleichsam die Atemluft des Reiches Gottes, eben schon „Angeld“ der kommenden Vollendung.
Der Heilige Geist verherrlicht Jesus
Wir hatten im Zusammenhang der Abschiedsreden schon gesehen, dass Jesus Christus die Seinen nicht als Waisen zurücklassen will (Joh 14,18), sondern der Heilige Geist als Beistand zu ihnen kommt. Sie dürfen Ihn kennen, aber die Welt kennt Ihn nicht (Joh 14,1). Jesus kann sagen, der Heilige Geist wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen (Joh 16, 14). (...) Ja, der Heilige Geist führt Menschen zum Lobpreis. Die in Apostelgeschichte 10 mit dem Geist Gottes erfüllten Menschen beginnen Gott hoch zu preisen. Da, wo die Freude im Heiligen Geist aufbricht, brechen Lobpreis, Dank und Anbetung auf. Das haben wir auch in unserer Generation wieder dankbar gelernt. Lobpreis, Dank und Anbetung treten beim Beten an die erste Stelle. Auch das neue Liedgut ist davon geprägt. Wo das Sprachengebet Auslegung erfährt, hat es oft Lobpreis und Dank zum Inhalt. Das prophetische Buch des Neuen Testaments, die Offenbarung Johannes, weist uns darauf hin, dass in der vollendeten Welt Gottes in großer Einmütigkeit Lob und Anbetung sein werden. Da der Heilige Geist schon jetzt dazu führt, ist das so etwas wie eine Vorerfahrung der Vollendung, in der es keine kirchlichen Trennungen und Sonderlehren, sondern gemeinsame Anbetung und Lobpreis geben wird. Dennoch bleibt für unser Leben jetzt weiterhin gültig, dass wir, solange wir leben, unter dem Kreuz bleiben – und das haben Menschen in der apostolischen Zeit und viele seitdem mit dem Einsatz ihres Lebens bezeugt. Aber trotzdem dürfen wir schon voll Dank unsere Knie beugen und den einen Gott loben und ehren – auch in anderen Zungen –, der sich in Jesus offenbart, der im Heiligen Geist gegenwärtig ist und der einmal alles in allem sein wird. Dass Christen unter der Leitung durch den Geist Gottes ihren Herrn bezeugen und verherrlichen, Ihm für sein Werk zur Verfügung stehen, bis Er kommt, das war Sinn und Auftrag der Christen in der apostolischen Zeit, und es bleibt Sinn und Auftrag, solange Gott uns Zeit anvertraut.
Aus: In der Schule des Heiligen Geistes, Ernst Franz Verlag, Metzingen 1994. (Der Rechteinhaber konnte trotz sorgfältiger Recherche nicht ermittelt werden.)
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